Stephansdom blog
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Ein Rückblick: Wien in Zeiten der Corona-Krise

Sehr persönliche Erlebnisse.

Schon Anfang März zeichnete sich etwas ab, das ich, das niemand wahr haben wollte. Am 15. März bildete sich diese neue Realität auch bei mir in der Pension dramatisch ab. Innerhalb weniger Stunden wurden alle Buchungen für die kommenden Monate storniert.

Am Sonntag angekündigt, am Montag verwirklicht. Shut Down. Alles zu. Grenzen dicht. Keine Leute auf der Straße. Stille. Die erste Woche verging. Aufregung und Schock hielten sich die Waage. Ich schlief fast die ganz Zeit. Und meditierte viel. Hoffte auf Zeichen und Antworten. Aber auch in meinem Inneren war es recht still.

Durchgang
Foto Veronika Schöll

Mit einem lieben Freund zusammen gründete ich eine Facebook Gruppe. Es ging darum, den vielen neu entstandenen Online Initiativen Platz zu bieten, sich schnell und einfach zu präsentieren. Es war Spiel und Ablenkung.

Draußen nach wie vor eine gänzlich leere Stadt. Kein Verkehr. Wunderbare Stille. Diese Stille war vor allem in der Nacht intensiv erlebbar und fast surreal . Ich begann, die Nebenstraße der Inneren Stadt zu durchstreifen. Meist nach 22.00. Ich war sofort verzaubert. Relativ warme Nächte luden mehr Spaziergänger ein, spät rauszugehen. Ich fühlte mich verbunden und sicher. Schatten huschten vorbei. Ein Grüppchen versammelte sich in der Naglergasse und ein Frau las aus einem Architekturführer vor. Ich lauschte ein Weilchen. In der Nacht des ersten Frühlingvollmondes traf ich mehrere Leute mit Kameras. Die Stadt ohne Menschen zu fotografieren, diese Möglichkeit kommt nicht so oft. Ein Pärchen, das aneinander gelehnt, am Judenplatz saß, trank Bier und beobachtete den Mond.

Schulhof
Foto Veronika Schöll

Am Karfreitag gab es eine 24 Stunden Marathon-online Lesung. Ich stellte den Link in unsere Facebook Gruppe und begann sofort, zuzuhören. Gelesen wurde „Die Pest“, Von Albert Camus. Jeder Abschnitt von einem anderen Künstler. Sehr spontan von FM4 und dem Rabenhoftheater organisiert. Die Geschichte zog mich sofort in ihren Bann. Leider ist die Lesung nicht mehr online verfügbar.

Minuziösest wird die Situation einer Stadt und deren Bewohner während der Pest in den 40er Jahren beschrieben. So viele Parallelen zur jetzigen Situation werden sichtbar.

Nachts ging ich dann zur Pestsäule am Graben, während ich weiter der Lesung lauschte.

Vor der Säule waren viele Kerzen angezündet, Blumen und Briefe niedergelegt. In der Erzählung starb gerade ein Kind.

Wien wurde Ende des 17. Jahrhunderts von einer der letzten großen Pest Epidemien heimgesucht. Kaiser Leopold I hatte die Säule erbauen lassen, zuerst aus Holz, als Gnadensäule, zum Zeichen der Dankbarkeit, weil die Pest aus Wien wieder verschwand.

Um die Pest in Wien entstanden viele Sagen. Die wohl berühmteste, die in Wien jedes Kind kennt, ist die Geschichte vom lieben Augustin. Diese Sage und das dazu gehörige Lied “ Oh du lieber Augustin “ bringt mich zu einer anderen legendären Sache, die in Wien während dem Shut Down passierte:

Die Balkonkonzerte von Ernst Molden, oft begleitet von seinem Sohn Karl am Bass. Ernst Molden wählte passenderweise den Augustin-Song in immer neuen Variationen als Intro zu seinen Konzerten, die anfangs nur für die Nachbarschaft gedacht waren, sich aber schnell herumsprachen und immer mehr Leute nach Erdberg zogen. Natürlich mit Sicherheitsabstand.

Ernst Molden singt herrlich wienerisch. Melancholisch und humorvoll beschreibt er Alltag, Leben und Menschen in der Stadt aufs trefflichste.

Legendär auch die Eröffnung der Wiener Festwochen 2017, als das Quartett Molden/Soyka/Resetarits/Wirth „Abarakadabara“ zum besten gab. Ich liebe diese neuen, bluesigen, aber ewigen Wiener Lieder. Großartige Songs voll Wiener Seele.

Das bleibt mein einziger Rückblick in die Monate des Lock Downs. Es is Zeit ins Jetzt zurückzukehren !

Judenplatz
Foto Veronika Schöll

Alles Liebe! Veronika

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2 Comments

  1. Johannes Willem Nieuwenhuis says:

    Die Geschichte von Veronika ist mir ein unerwartetes Geschenk!
    Wien und Veronika, eine ausgezeichnete Kombination, und dazu noch Ihre Bilder!
    Nächtliche Bilder, und doch bleibt es nicht dunkel!

    1. Lieber Hans ! Danke für deinen schönen Kommentar !

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